Auf den Spuren der Familie Rothschild

Operační program

CZ.11.2.45/0.0/0.0/16_013/0000814

Das Projekt Auf den Spuren der Familie Rothschild (Nr. CZ.11.2.45 / 0.0 / 0.0 / 16_013 / 0000814) wird aus dem Europäischen Fond für regionale Entwicklung und aus dem Staatshaushalt im Rahmen des "Mikroprojektfonds in der Schlesischen Euroregion" im Interreg V - A-Programm Tschechische Republik - Polen 2014 - 2020 kofinanziert.

Einleitung

Die polnisch-tschechische Zusammenarbeit in der Euroregion Silesia hat viele gute Ergebnisse auf gesellschaftlicher Ebene hervorgebracht. Die Chancen, aber auch die Herausforderungen, welche die moderne Wirtschaft, darunter die Touristikbranche, stellt, machen es notwendig auf unsere Grenzregion aus einem ökonomischen Blickwinkel zu schauen. Wir möchten deshalb nicht nur zwischenmenschliche Beziehungen festigen, aber auch Grundlagen für einenachhaltige Entwicklung im Rahmen der EU finden. Eine Aktion, die dies begünstigen könnte, ist das Projekt mit dem Namen „Auf den Spuren der Familie Rothschild“. Bei ihm bedienten wir uns der Instrumente, die unser gemeinsames touristisches Produkt gut beschreiben und gleichzeitig bestmöglich einem großen Kreis von Rezipienten in Polen, Tschechien, Europa und auf Welt näherbringen sollen. Wir sind davon überzeugt, dass solche Maßnahmen, welche das Potential unserer Mikroregion der oberen Oder vergrößern sollen, die langjährige Zusammenarbeit intensivieren und anderen Selbstverwaltungen, die sich nicht nur gesellschaftlich, sondern auch wirtschaftlich auf der touristischen Karte Europas positionieren wollen, als Beispiel dienen werden.

Das Projekt Auf den Spuren der Familie Rothschild

Im Jahr 1844 kaufte Salomon Mayer Freiherr von Rothschild (1774-1855), der Gründer der Wiener Filiale der Rothschild Bank, von der Familie von Eichendorff das SCHLOSS SCHILLERSDORF (tsch. Šilheřovice) mit ca. 2,1 Tsd. ha Land. Er war bereits damals ein Vertreter einer der reichsten Bankiersfamilien der Weltgeschichte, die von Mayer Amschel Rothschild (1744-1812) ihren Anfang nahm. Die Familie führe ihre Geschäfte in fünf Häusern in London, Paris, Frankfurt, Neapel und Wien, wo sie bei Handels- und Finanzoperationen vermittelte und kaiserlichen, königlichen und fürstlichen Höfen sowie Staaten zu Diensten war.

Das Wiener Haus, mit Salomon an der Spitze, beschäftigte sich mit zahlreichen Transaktionen der Habsburger und der wichtigsten Politiker ihres Staates (u. a. des Kanzlers Klemens von Metternich) sowie der Schaffung des Bank- und Industrieimperiums der Familie. Die Effizienz und Diskretion der Rothschilds bewirkte, dass ihnen viel Vertrauen entgegengebracht wurde. 1842 hat Salomon, als erster Jude in Wien, die Bürgerschaft dieser Stadt erhalten. Das gab ihm die Möglichkeit, Immobilien zu erwerben. 1843 kaufte er die berühmten Witkowitzer Eisenwerke (Vítkovické Železárny) im heutigen Ostrava, die im 19. Jh. zu den größten Kohle- und Stahlkonzernen in Europa zählten. Er gründete die Aktiengesellschaft Nordbahn und wurde deren „permanenter Direktor“. Dank seinen Bemühungen wares möglich die Infrastruktur der Nordbahn an der Grenze von Chałupki (dt. Annaberg) und Bohumin (dt. Oderberg) mit der preußischen Wilhelmsbahn zu verbinden.

Das Schloss Schillersdorf – heute ein imposanter dreiflügeliger neobarocker Bau aus dem Anfang des 19. Jh. mit Kapelle und umliegendem weitläufigem Garten im englischen Stil – wurde zur Sommerresidenz der Wiener Rothschilds. Salomon Mayer Freiherr von Rothschild reiste bequem von Wien nach Bohumin mit einem Salonwagen, der an einen Eilzug angehängt wurde. Nach Schillersdorf fuhr er mit einer Kutsche. Hier empfing er zahlreiche hochwohlgeborene Gäste, u. a. die polnischen Grafen Potocki, die gern zu den hervorragend organisierten Jagden kamen.

Am Ende seines Lebens galt Salomon als größter Grundbesitzer in Europa. Seit 1846 gehörte ihm das Schloss Annaberg, eine ehemalige mittelalterliche Festung. Sein ganzes Vermögen übertrug er 1852 auf seinen Sohn Anselm (1803-1874). Nach seinem Tod übernahm der jüngste Sohn Albert von Rothschild (1844-1911), der mit seiner Pariser Cousine Bettina verheiratet war, das Bankhaus. Der älteste der Söhne, Nathaniel (1836-1905), zeigte an Bankgeschäften wenig Interesse. Erbeschäftigte sich hauptsächlich mit Reisen und Sammeln von Kunstwerken. Er erhielt einen wesentlichen Teil des Familienvermögens und auch die Güter von Schillersdorf. Vor seinem Tod vermachte er sie seinem Neffen, Alfons, einem Doktor der Philosophie. Dieser übersiedelte 1912, nach der Heirat mit Clarice Sebag-Montefiore (1894-1967), einer Tochter eines englischen Millionärs, mit seiner ganzen Familie permanent nach Schillersdorf. Vorahnungen und die Fähigkeit Dinge logisch vorauszusehen, bewirkten, dass 1937 viele Wertgegenstände und Kunstwerke, mit welchen das Schloss ausgestattet war, nach England verbracht wurden. Im Oktober 1938 marschierten die deutschen Truppen in die Tschechoslowakei ein. 1939 musste Dr. Alfons von Rothschild das Gut dem Dritten Reich übergeben.

Während die Rothschilds in Schillersdorf wohnten wurde das alte Schloss der von Eichendorffs aus dem Anfang des 19. Jh. vielen Modernisierungsarbeiten unterzogen. In seiner Nachbarschaft wurden auch viele neue Objekte errichtet. Es entstand ein Jagdschlösschen, das nach dem Vorbild eines Lebkuchenhauses entworfen wurde (heute dient es als Restaurant), eine Orangerie, Glashäuser, Wächterhäuser bei den Einfahrtstoren aus der Richtung von Ostrava und Bohumin, eine Molkerei und ein Pferdestall. Heute dient das Schloss seit Jahren als Sitz einer Hotelschule. Es ist von einem der größten Golfplätze in Europa umgeben.

Das Erbe der Rothschilds im polnisch-tschechischen Grenzland, in Chałupki und Šilheřovice, bewegte die Selbstverwaltung dieses tschechischen Orts und die Gemeinde Krzyżanowice dazu, ein gemeinsames, grenzüberschreitendes Projekt ins Leben zu rufen. Das ist nicht das erste gemeinsames Unterfangen. Die Zusammenarbeit begann am 23. Mai 1998, als ein Partnerschaftsvertrag unterschrieben wurde. Seit dieser Zeit werden erfolgreich gutnachbarliche Beziehungen auf vielen Ebenen gepflegt – vom Austausch von Selbstverwaltungserfahrungen bis zur Zusammenarbeit auf den Gebieten der Bildung, Kultur und des Sports. Die Gemeinden Krzyżanowice und Šilheřovice haben eine Reihe von gemeinsamen Projekten unter dem Patronat der Euroregion Silesia umgesetzt und konzentrieren sich in letzter Zeit auf der Identifikation und Förderung des gemeinsamen touristischen Produkts, was die landschaftlichen und kulturellen Vorzüge der Region der oberen Oder sind. Zu diesen außergewöhnlichen Vorzügen gehören die Andenken an die Familie Rothschild, die bekannteste Bankiersfamilie der Welt.

Der Weg auf den Spuren der Familie Rothschild führt uns, außer zum Schloss, zur barocken Kirche Mariä Himmelfahrt aus 1713 sowie zu den örtlichen Naturreservaten Černý les I. und Černý les II. (insgesamt 1000 ha). Bemerkenswerte Orte kann man auch in Gemeinde Krzyżanowice besichtigen, beginnend mit einer Konstruktion aus dem 19. Jh., der 1881 ANLÄSSLICH DES REGIERUNGSJUBILÄUMS VON KAISER FRANZ JOSEPH I. ERRICHTETEN BRÜCKE. Auf der linken Seite dieses historischen Bauwerks befindet sich das polnische Chałupki und auf der rechten das tschechische Bohumin. Diese Gegend wurde schätzungsweise im 13. Jh. besiedelt. Bohumin wurde damals von Siedlernaus Westeuropa gegründet, den seelsorgerisch Benediktinermönche aus dem polnischen Tyniec dienten. Das heutige Bohumin besteht jedoch eigentlich aus zwei Ballungszentren – der alten Stadt an der Oder mit einem schönen kleinen Markt und dem Hotel „Pod Zeleným dubem“ und dem wesentlich größeren Nový Bohumín, dessen Aufstieg Mitte des 19. Jh. begann, als hier eine Eisenbahnlinie, welche die Nordsee – via Berlin, Breslau, Ratibor – mit dem fernen Konstantinopel (heute Istanbul in der Türkei) verband, verlegt wurde.

Am linken Oderufer hat sich eine ehemalige mittelalterliche Festung aus der Zeit der Piasten, das SCHLOSS ANNABERG, früher auch Barutswerde genannt, das Eigentum von Fürsten, dann von Rittern und Adligen, erhalten. Das Bauwerk wachte über die Oderfurt und war der am südlichsten gelegene Verteidigungspunkt des Staates der Piasten. Das Schloss hat zwar ein barockes Kleid und trägt Spuren zahlreicher neuzeitlicher Änderungen in seiner Architektur, aber in seiner Umgebung haben sich der ehemalige Burggraben und die Brücke erhalten. Über dem Haupteingang kann man das Wappen der Rothschilds sehen, u. a. eine Hand die fünft Pfeile hält. Jeder Pfeil symbolisiert einen der fünf Söhne von Mayer Amschel Senior: Nathan Mayer, Amschel Mayer, Salomon Mayer, Carl Mayer und James Mayer. Einzelne Pfeile können leicht gebrochen werden, aber zusammengehaltene nicht mehr. Heute ist das Schloss ein Hotel mit Restaurant. Um das Schloss herum erstreckt sich ein Park mit Exemplaren von sehr alten Bäumen und Miniaturen von schlesischen Burgen und Schlössernin Moszna (dt. Muskau), Tworków (dt. Tworkau), Kamień Śląski (dt. Groß Stein), Bielsko-Biała (dt. Bielitz-Biala), Bruntál (dt. Freudenthal) sowie Hradec nad Moravici (dt. Grätz).

In der Nachbarschaft des Schlosses kann man den EHEMALIGEN GRENZÜBERGANG besichtigen, der zum Beispiel aus der in Polen beliebten Sendung Lato z Radiem (dt. „Sommer mit dem Radio“) bekannt ist, während welcher die Dauer der Zollabfertigung an diesem Ort angegeben wurde. Am ehemaligen Grenzübergang finden jährlich große Märkte von alten und historischen Gegenständen sowie Kunsthandwerk statt. Eine außergewöhnliche Attraktion von Chałupki sind die MÄANDER DER ODER, die zu den Gebieten von Natura 2000 gehören. Der Fluss wurde hier nie reguliert. Er gestaltet selbst auf malerische Weise seine Strömung. Die Mäander sind ein Refugialgebiet von Vögeln und Pflanzen. Seit vielen Jahren sind hier Seepfadfinder aktiv. Die Mäander können von einem 27 Meter hohen Aussichtsturm (114 Stufen bis nach oben) bewundert werden.

Liebhaber des 19. Jh. wird sicherlich ein Besuch des BAHNHOFS in Chałupki zufriedenstellen. Wie bereits vorher erwähnt, wurden hier 1849 zum ersten Mal die Nordbahnlinie der Habsburger mit der preußischen Wilhelmsbahnlinie zusammengelegt. Dies wäre ohne die diplomatische Unterstützung der Rothschilds und auch der preußischen Aristokratie, u. a. des Fürsten von Lichnowsky aus Kreuzenort, nicht möglich gewesen. Die Inbetriebnahme der Eisenbahnlinie beschleunigte die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Hier fuhr der berühmte Orient Express entlang.

Ein außergewöhnlicher Ort ist das SCHLOSS KREUZENORT, das dank Franz Liszt und Ludwig van Beethoven berühmt wurde. Das Bauwerk stammt aus dem Jahr 1700. Die schönsten Blätter seiner Geschichte beschrieb die Familie von Lichnowsky. Aus diesem Geschlecht stammte Felix Fürst von Lichnowsky, ein preußischer Offizier und Politiker, Lebemann, Reisender und Freund des weltberühmten Komponisten Franz Liszt, der in Schloss Kreuzenort dreimal zu Gast war (1843, 1846, 1848). – Während der Zeit des Wartens fühle ich mich wieder glücklichste Mensch der Welt in Kreuzenort, wo ich völlig allein selige Tage verbringe, von morgens bis abends bei der Arbeit – schrieb der Komponist.

Im September 1848 wurde Fürst Felix, damals ein Mitglied der Frankfurter Nationalversammlung, von der wütenden Menge für die grobe Kritik und Verspottung der Linken dieses Parlaments tödlich verletzt. Vor seinem Tod vermachte er das Familienvermögen der größten Liebe seines Lebens, einer Dame, die als reichste Partie in Europa galt, der schönen und bezaubernden Dorothea Herzogin von Sagan (1793-1862), der langjährigen Lebensgefährtin und Vertrauten des berühmten französischen Außenministers Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord. Sie war zwanzig Jahre älter als Felix, aber es scheint, dass sie sein Gefühl erwiderte. Zum Glück übernahm sie das Erbe nicht zur Gänze. Sie nahm die wertvollsten Ausstattungsgegenstände des Schlosses mit und überlies das Landgut den Nachfolgern von Felix.

Die Familie von Lichnowsky war, außer mit Franz Liszt, auch mit anderen hervorragenden Komponisten befreundet. Erste Schritte in die Welt der Musik setzte Karl Alois Fürst von Lichnowsky (1761-1814), ein Freund von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791). Nach dem Tod von Mozart traf er ein anderes großes Genie – Ludwig van Beethoven (1770-1827). Dieser in Bonn geborene Flame, ein Vorreiter der Romantik in der Musik, wurde im August 1806 von den von Lichnowskys dazu überredet in ihre Schlösser in Grätz und Kreuzenort zu kommen. In Kreuzenort gab er Konzerte für die Besucher seiner Gastgeber auf dem Spinett, einem kleinen Instrument, das eine Art Cembalo ist.

1856 ließ Karl Fürst von Lichnowsky ein imposantes, bis heute bestehendes Einfahrtstor zum Schlosspark errichten. 1860 wurde der Bau des runden Turms und des Rittersaales, der jetzt die Funktion einer Kapelle hat, beendet. Für den Umbau des Schlosses im neugotischen Stil wurde der hervorragende Berliner Architekt Carl Lüdecke engagiert. Es wurden ein schöner Park und Garten angelegt. Naturforscher weisen auf einige hier wachsende Baumarten hin, u.a. auf den imposanten Liriodendron tulipifera, also Tulpenbaum, aus der Familie der Magnoliengewächse, das zweitgrößte Exemplar in Polen mit einem Stammumfang von 4,1 m oder auf den Fächerblattbaum, der mit einem Stammumfang von 3,25 m der dickste in Schlesien ist.

Am 8. März 1860 wurde in Schloss Kreuzenort auch Karl Max von Lichnowsky geboren, der in den Jahren 1912-1914 deutscher Botschafter in London war. Im September 1913 war auf seine Einladung hin in Schloss Kreuzenort Kaiser Wilhelm II. zu Gast. Der Fürst sollte an der Jungfernfahrt der Titanic teilnehmen, kam aber am 10. April 1912 zu spät im Hafen von Southampton an. – Und so bin ich dem Tod entronnen – fasste er zusammen.

Der Aufmerksamkeit des Touristen können das SCHLOSS UND DIE BAROCKE KIRCHE IN TWORKÓW nicht entgehen. Das Schloss ist eine ehemalige Adelsresidenz. Auf einem steinerden Detail des Turms hat sich das Datum 1567 erhalten, das über den Zeitpunkt des Umbaus des Schlosses im Renaissancestil Auskunft gibt. Das Gebäude selbst ist aber deutlich älter und stammt aus dem Mittelalter. Es wechselte oft seine Eigentümer, unter denen die Familie von Eichendorff war. An den Wänden von Schloss Tworkau hingen viele Bilder. Bis heute überdauerte eines von ihnen mit dem Namen Złoty Kłos (dt. „Goldene Ähre). Auf dem Gemälde sind eine botanische Kuriosität sowie ein Schriftzug zu sehen, der besagt, dass im Jahr 1720 im Teich von Schloss Tworkau aus einem einzigen Korn eine Weizenstaude wuchs, die 83 Ähren hatte, von denen jede 50 oder 60 Körner enthielt. 1841 wurden die Güter von Tworkau von der Familie von Saurma-Jeltsch übernommen. 1868 fasste Johann Gustav Graf Saurma von der Jeltsch den Entschluss das Schloss im Neorenaissancestil umzubauen. Jedes Schloss hat seine Geheimnisse – von Schloss Tworkau soll sich ein Tunnel ziehen, der hinter dem Dorf, in einem Wald, der „Urbanek“ genannt wird, endet. Hier befindet sich eine Pilgerkirche, welche dem hl. Urban geweiht ist. Einige hundert Meter weiter, in einem alten Eichenwald, ist ein großer Felsblock, der laut den Einheimischen den Eingang zu einem alten Verlies versperrt. Eine der Tworkauer Legenden besagt, dass im Schloss eine geheimnisvolle Weiße Frau erschien. Zuletzt zeigte sie sich am Heiligen Abend 1930. Damals wie auch noch früher war sie eine Vorbotin von Unglück. In der Nacht vom 8. zum 9. Januar 1931 entbrannte aus unbekannten Gründen ein Feuer im Schloss. Derzeit sind der teilweise Wiederaufbau des Schlosses zusammen mit der Revitalisierung des Parks im Gang.

Ägypten hat den Fluch des Tutanchamun, Krakau den Fluch des Königs Kasimir IV. Andreas und Tworków den Fluch der Familie von Reiswitz. Er nahm mit der Untersuchung der Gruft unter dem Vorhof der örtlichen ST. PETER UND PAUL-KIRCHE seinen Anfang. Über diesen Fluch wurde zwar seit Langem gemunkelt, aber 1993, als man wegen der notwendigen Trockenlegung der Fundamente ins Innere der Gruft schaute, verliefen die Ereignisse blitzschnell. Es wurden elf sehr morsche Särge gefunden und in ihnen, wie damals angenommen, Puppen. Für die Gräber begann sich die Wissenschaft zu interessieren. Es wurde verlautbart, dass sie symbolische Gräber seien. Man kam zuerst zu dem Schluss, dass die Särge sich in der alten Margaretenkirche, welche 1676 niedergebrannt war, befanden. An ihrer Stelle wurde eine neue, bis heute existierende Kirche gebaut und Wenzel von Reiswitz, der damalige Herr von Tworkau, wollte die Gräber seiner Vorfahren erhalten, sei es nur symbolisch. In die Särge ließ er also Puppen, die wie Adelige gekleidet waren, legen. 1995 entschied man sich die Sarkophage zu öffnen und ihren Inhalt genau zu untersuchen. Und wieder kam es zu ungewöhnlichen Ereignissen. In der Forschergruppe war der Krakauer Mikrobiologe, Prof. Bolesław Smyk, der 1973 im Wawel am Öffnen des Grabes von König Kasimir IV. Andreas teilnahm. Viele Forscher, die damals den Bestattungsort dieses Herrschers untersuchten, sind unter unerklärlichen Umständen gestorben. Professor Smyk hatte überlebt, aber als er nach dem Hinabsteigen in die Gruft krank wurde, ist diese Nachricht sofort auf die Seiten der wichtigsten polnischen Zeitungen, ins polnische Radio und Fernsehen gelangt. Tworków hatte seinen Fluch. Nach einigen Tagen hat sich zum Glück herausgestellt, dass die Forscher, welche in der Gruft waren, sich mit einer gewöhnlichen Grippe angesteckt hatten, aber der Fluch der Familie von Reiswitz wurde bekannt und lebt bis heute. Die in der Gruft endeckten Sarkophage aus Metall und Särge aus Holz, von denen man anfangs annahm, dass die symbolische Gräber seien, enthielten in Wirklichkeit menschliche Überreste, die mineralisiert waren. Eine genaue Begutachtung erlaubte es festzustellen, dass in zwei Gräbern Erwachsene und in neun Kinder bestattet waren. Die Särge aus der Gruft wurden der Konservierung unterzogen und sind in der Vorhalle der Kirche ausgestellt, wo man auch die entdeckte Kinderkleidung sehen kann, u.a. das mit einem Gurt gebundene und an die Tracht der polnischen Adeligen aus dem 17. Jh. erinnernde Gewand von Georg Wilhelm und das Kleidchen von Clara Louise. Die ganze Sammlung hebt sich von ähnlichen in Polen erhaltenen Objekten ab, z. B. von den im Wawel (dort befindet sich der älteste historische Gegenstand dieser Art in Polen – die Kinder schuhe von König Sigismund II. Augst aus dem 16. Jh.), in Brzeżany (dt. Birkendorf), Brzeg (dt. Brieg), Legnica (dt. Liegnitz), Złotów (dt. Flatow) und Sieraków (dt. Zirke). Sie kann im Vergleich mit gleichartigen Funden, die in Wien und München ausgestellt sind, beeindrucken. Außerdem ist sie ist einzige so große Gruppe von Kindersarkophagen in Polen. Die Pfarrkirche in Tworków, errichtet nach dem Entwurf von Johann Zeller aus Opava in den Jahren 1691-1694 an der Stelle eines Gotteshauses aus Holz, entzückt die Liebhaber des Barock. Dank dem reich ausgestatteten Innenraum ist das Bauwerk eines der interessantesten Sehenswürdigkeiten aus dem 17. Jh. in Schlesien. Man kann hier die schöne Stuckdekoration von Meister Antonio Signa aus Opava, die Stifterloge, die spätbarocke Polychromie aus der Mitte des 18. Jh., über dem Chor die Malerei mit der Komposition des Letzen Gerichts, sowie den reich verzierten Hauptaltar sehen.

Die Landschaft des Ratiborer Lands war früher voller Mühlen und Speicher. Bis heute haben sich mehrere solche Objekte erhalten. In Bolesław (dt. Bolesław) kann man alte Speicher und in Tworków eine GEMAUERTE MÜHLE MIT ELEKTRISCHEM ANTRIEB, die der Familie Pawlik gehört, sehen. Sie befindet sich in der Straße ul. Młyńska, am Teich unweit des Schlosses. Sie wurde an der Stelle einer älteren Mühle aus Holz, die bereits 1703 erwähnt wurde, erbaut. Ihre Inhaber beschäftigen sich mit der Müllerei seit zehn Generationen. Für Touristen werden besondere Vorführungen organisiert, mit der Ingangsetzung des Mühlrades, das mit dem Teichwasser betrieben wird, inbegriffen.

Früher befand sich an jedem wichtigen Weg eine SCHMIEDE, in welcher ein Schmied die Pferde beschlug. Das älteste, erhaltene Objekt dieser Art in Polen, in dem immer noch gearbeitet wird, liegt im Dorf BIEŃKOWICE (dt. Benkowitz). Es heißt, dass die Schmiede vom 1665 geborenen Janek Socha, der sich 1683 mit dem Heer von Johann III. Sobieski nach Wien begab, gegründet wurde. In Bieńkowice traf er ein schönes Mädchen und versprach ihm, es zu heiraten, wenn er nur heil aus dem Feldzug zurückkehren würde. Das Glück war ihm hold, die polnische Armee siegte und Janek kehrte zu seiner Liebsten zurück. 1702 eröffnete er in Bieńkowice eine Schiede, die nacheinander seine Nachfahren erbten: Andrzej, Franciszek, Urban, Antoni, Jan und Alojzy. Die Schmiede verwalten heute der Sohn von Alojzy Janund Enkel Robert. Die Sochas schmieden weiterhin Eisen in der alten Schmiede (das heutige gemauerte Gebäude wurde 1840, an der Stelle der ursprünglichen hölzernen Schmiede, errichtet) und haben bei ihrem Haus ein Schmiedemuseum organisiert. Dieser Ort hat auch seine Geheimnisse. Angeblich schlug einer der Sochas während der preußischen Herrschaft Falschmünzen, die er aus Angst vor einer Festnahme in einem Brunnen versenkte.